Lola rennt

Deutschland 1998 81 min

Regie: Tom Tykwer

Darsteller: Franka Potente, Moritz Bleibtreu, Herbert Knaup, Armin Rhode, Joachim Król, Nina Petri, Heino Ferch

FSK: 12

Dieser Film beginnt nicht wie andere Filme – er explodiert geradezu. Wie beim Start zum 100-Meter-Lauf schießt er aus den Startblöcken, um die Schnellkraft gleich in Geschwindigkeit umzusetzen. Den Titel LOLA RENNT darf man durchaus wörtlich nehmen. Mit ihrem feuerroten Haar sieht Lola ohnehin so aus, als stünde sie unter Strom, und so rennt sie wie aufgezogen durch den Film – deutsches Kino auf Speed.

Allein der Vorspann ist das Tollste, was seit Jahren zu sehen war, so eine Art Geburt des Films aus dem Geist der Achterbahn. Und im Rausch löst er gleich drei Fahrkarten auf einmal: Ein Pendel schwingt durchs Dunkel; die Kamera taucht in den Schlund einer Fratze über dem Zifferblatt; aus einer Ansammlung von Menschen wird ein Fußball in schwindelnde Höhen geschossen, von wo aus sichtbar wird, wie sich die Menge zu den Buchstaben des Titels formiert; dann stürzt die Kamera mit dem Ball zurück zur Erde, durch den Buchstaben O in LOLA hinein in einen Zeichentricktunnel, auf die Stadt Berlin hinab, über einen Hinterhof, durch einen Flur, in eine Wohnung, zu einem roten Telefon, das klingelt. Wenn die Geschichte beginnt, ist man schon auf 180, in einer Art Disneyland des Kinos, wo alles möglich und nichts verboten ist.
Das Telefon klingelt, und Lolas Freund Manni ist am Apparat. Er braucht 100 000 Mark und zwar sofort. Sonst reißt ihm sein Boss, der Gangster Ronnie, den Kopf ab. Wenn Lola nicht in 20 Minuten mit dem Geld bei ihm ist, überfällt er den nächstbesten Supermarkt. So beginnt das Rennen gegen die Uhr. Man glaubt fast zu spüren, wie deren Rädchen unbarmherzig ineinander greifen.

LOLA RENNT erzählt seine Geschichte quasi mit beschränkter Haftung. Dreimal beginnt sie von neuem, dreimal rennt Lola los, dreimal nimmt das Schicksal seinen Lauf, aber jedesmal mit anderem Ausgang. Und stets sind es Winzigkeiten, unbedeutende Zufälle, die der Geschichte eine entscheidend andere Richtung verleihen. Schließlich sind es auch im wirklichen Leben Sekundenbruchteile, die genügen, Zusammenstöße und Unfälle zu vermeiden. Wobei das Vergnügen an dem Film natürlich in den kleinen Verschiebungen und Abweichungen besteht, welche die genau abgezirkelten Episoden voneinander unterscheiden. Am Ende zählt aber nur die Summe der drei Varianten. Das Leben ist eine Konstruktionsskizze.