19. Januar 2024
Wenn jetzt wieder das große Schwärmen im deutschen Kinoland anhebt, weil Giorgos Lanthimos mit POOR THINGS und seiner blühenden Fantasie zum Großereignis heranwächst, so ist das für die Wachen unter den Cineasten alles andere als Zufall. Der jetzt 50-jährige Regisseur und Schauspieler schreibt einfach ein nächstes starkes Kapitel in seine beeindruckende Filmographie. Dabei musste man die ersten seiner aus Griechenland exportierten Werke wie DOGTOOTH (2009) und ALPEN (2011) selbst in den umtriebigen Programmkinos noch suchen, wobei sie durch eine auffällig grandiose Erzähl- und Bildsprache alle ungeschriebenen Kriterien des Außergewöhnlichen schon erfüllten. Nur, wer wusste etwas vom neuen griechischen Kino?
Beim Filmfest Dresden gehörten zumindest die „Kurzen“ stets zu den herausfordernden Einreichungen für die Auswahl- und Festivaljurys. Sie wurden erkannt wie ansonsten nur die Belgier. Und Österreicher. Spätestens als man dann etwas lauter über Lanthimos und andere sprach - über Syllas Tzoumerkas’ A BLAST sowie Athina Rachel Tsangaris’ ATTENBERG und CHEVALIER - und weil auch das politisch-gesellschaftliche Griechenland im (Krisen-)Fokus stand, wurde das Urlaubsland langsam wieder zum Filmland. Und Giorgos Lanthimos international.
THE LOBSTER (2015), THE KILLING OF A SACRED DEER (2017) und THE FAVOURITE (2018) sind allesamt bizarre, ironische, aufrecht sperrige wie elegante Werke, die sich festhaken konnten. Unbedingt auch bei denen, die vor Lanthimos’ Kamera standen und immer wiederkehrten: Nicole Kidman noch nicht, aber Rachel Weisz, Colin Farrell, Olivia Colman - Emma Stone. Leider blieb Giorgos Lanthimos weitestgehend der einzige Grieche, dem die deutschen Verleiher Magnetwirkung zutrauen.
Wer aber nach dem Sichten von POOR THINGS vielleicht noch einmal auf eigene Weise neugierig aufs dann wirklich griechische Kino wird, dem sei schon jetzt eine Reise nach Berlin empfohlen. Vom 20. bis 24. März 2024 findet im legendären Kino Babylon wieder das GREEK FILM FESTIVAL statt, das 2015 von den in Dresden allseits bekannten Kuratoren Ina und Asteris Kutulas sowie Sandra von Ruffin als Hellas Film Box initiiert wurde und auf kleiner, jeweils dem Festival nachgeschobener Deutschlandtour schon zweimal im Programmkino Ost zu Gast war, auch in KÖRNERS CORNER. Nach wie vor gilt: Näher wird man an aktuelles Griechenkino hier im Lande nicht herankommen und das genreübergreifend mit fast 40 neuen langen und kurzen Spiel- und Dokfilmen, Experimenten, Ausstellungen, Diskussionen, vielen Gästen vor Ort.