Der preisgekrönte Regisseur Ruben Östlund (THE SQUARE, TRIANGLE OF SADNESS) führt uns in diesem Film in ein moralisches Dilemma. Eine migrantische Jugendbande in Göteborg setzt mit subtilen Mitteln andere Jugendliche unter Druck und beraubt sie. Der Film basiert auf einer wahren Begebenheit aus den 2000er-Jahren, wurde intensiv diskutiert und teilweise mit Rassismusvorwürfen überzogen.
Sind diese Einwände berechtigt? Welche Erwartungen und Vorurteile bedient der Film, der seine Protagonisten wie in einer Versuchsanordnung gegeneinander ausspielt und uns irritierend mit den Herausforderungen von Integration konfrontiert?
Kuratoren Statement
„Das kann man nicht mehr sagen“, „provokative Kunst gibt es ist immer seltener“, „wer sich außerhalb der woken Diskurses stellt - der wird gecancelt“ - diese und andere Aussagen begegnen uns in unserer Kunst und Kulturblase häufig. Und tatsächlich, die Kulturwelt scheint zerrissen zwischen dem Zwang sich politisch zu positionieren und gleichzeitig die Freiheit und Ambivalenz der Kunst zu bewahren.
»Wir sind nur noch imstande, öffentliche Darbietungen auf uns selbst und auf unsere vertrauten Realitäten und Katego¬rien zu beziehen. Alles, was unser Abstraktionsvermögen verlangen würde, stört uns.« sagt der Filmeregisseur Dominik Graf und sieht »Zeichen für die wachsende Infantilisierung«
Manche sehen einen kulturellen Biedermeier am Horizont aufziehen und andere haben Furcht, durch eine falsche Positionierung Teile des Publikums oder die eigene Klientel zu vergraulen. Also: Blo? keine Fehler machen – als das neue Leitmotiv?
Es ist wahr, auch wir sind mitunter irritiert über Juryentscheidungen und Programmauswahl deren Kriterien wir politisch und weniger künstlerisch motiviert sehen. Aber steht deshalb die gesamte Kunst zur Disposition und vor allem was können wir als Künstler dagegen tun?
Diese Fragen und Überlegungen waren der Ausgangspunkt für unsere Idee eine Filmreihe mit dem Titel „Kino Kontrovers“ ins Leben zu rufen.
Wir danken der Sächsischen Akademie der Künste und dem Programmkino Ost, die diese Idee unterstützen und die wir als aktive Mitstreiter/ Veranstalter gewinnen konnten.
Wir wollen beispielhaft Filme zeigen, deren Wirkung oder thematische Assoziationen unmittelbar in die oben benannte Leerstelle zielen.
Filme die uns provozieren, wachhalten und produktiv herausfordern. Denn das zeichnet doch gute Kunst aus, eine gelungene Transformation welche die Wirklichkeit im besten Fall gewinnbringend bricht und spiegelt und uns zu neuen Perspektiven führt.
Oder um es in den Worten Siegfried Kracauers zu sagen: „Das Kino zielt also darauf ab, den innerlich aufgewühlten Zeugen in einen bewussten Beobachter umzuwandeln. Nichts könnte legitimer sein, als ein Mangel an Hemmungen bei der Darstellung von Vorgängen, die uns außer Fassung bringen. Denn so bewahrt es uns davor, unsere Augen vor dem blinden Treiben der Dinge zu schließen.«
Es ist unsere Hoffnung, dass die an die Filmaufführungen anknüpfenden Gespräche mit Wissenschaftlern, Experten und dem Publikum einen anregenden und kontroversen Diskussionsraum eröffnen. Einen Raum, der nicht nur Lust auf Kunst und Filme machen soll - sondern uns auch hilft, den vielfältigen Herausforderungen einer komplexen und widersprüchlichen Gegenwart mit produktiver Neugier und auch gedanklichem Spaß zu begegnen.
Harriet Maria und Peter Meining, 2025